„In großartiger Verfassung präsentierte sich Leah Gordon. Die Kanadierin gastiert bereits seit mehreren Jahren in Heidenheim und setzte mit der Elisabetta aktuell ein neues Glanzlicht.“ (Das Opernglas)
Die goldene Epoche des Broadways lassen wir in unserem Neujahrskonzert lebendig werden. Geprägt wurde die Zeit von Komponistengrößen wie George Gershwin, Kurt Weill, Leonard Bernstein, Frederick Loewe, Harold Arlen oder Stephen Sondheim, die mit ihren Melodien ein Millionenpublikum in den Theatern im Herzen der New Yorker Unterhaltungsindustrie begeisterten – und schon bald auch in Europa für Furore sorgten.
Mit Leah Gordon steht eine Ausnahmemusikerin als Artist in focus der aktuellen Meisterkonzert-Saison auf dem Konzertpodium, die den Opernfestspielen seit vielen Jahren fest verbunden ist und auf den Bühnen im Rittersaal und im Festspielhaus CCH die großen Sopranpartien mit Bravour gemeistert hat. Die Sängerin ist außerdem 2025 auch im Eröffnungskonzert der OH! zu erleben – und zeigt ihr darstellerisches Können zudem in Verdis Attila.
PROGRAMM
Cole Porter
Ouvertüre aus Anything Goes
„I Hate Men“ aus Kiss Me, Kate
„Why Can’t You Behave“ aus Kiss Me, Kate *
Irving Berlin
Ouvertüre aus Annie Get Your Gun
„There’s No Business Like Show Business“ aus Annie Get your Gun *
Harold Arlen
„Somewhere Over The Rainbow“ aus The Wizard Of Oz
George Gershwin
Catfish Row, Suite aus Porgy And Bess
***
George Gershwin
Cuban Overture
Cole Porter
„Night and Day“ aus Gay Divorce *
Leonard Bernstein
„One Hundred Easy Ways To Lose A Man“ aus Wonderful Town
Kurt Weill
Symphonic Nocturne aus Lady In The Dark
Frederick Loewe
„I Could Have Danced All Night“ aus My Fair Lady
Richard Rodgers
„You’ll Never Walk Alone“ aus Carousel *
* Arrangement: Andres Reukauf
PROGRAMMHEFT
There’s No Business Like Show Business
… so heißt es nicht nur in Annie Get Your Gun, sondern auch hinter den Kulissen der bedeutendsten Unterhaltungsmeile der Welt: des New Yorker Broadway. Seit dem Bau des (inzwischen abgerissenen) Empire Theatres im Jahr 1893 am Herald Square schlägt am Broadway das Herz der amerikanischen Theaterindustrie. In schneller Folge entstanden zahlreiche weitere größere und kleinere Bühnen, wie beispielsweise das Lyceum Theatre, das mit seiner bis ins Jahr 1903 zurückreichenden Geschichte das älteste durchgehend bespielte Theater des Broadway ist. Doch die Wirtschaftskrise der 1930er Jahre und die Erfindung des Tonfilms sorgten für eine Schließungswelle. Erst Fördermittel im Rahmen des New Deal verschafften den Theatern wieder einen Aufschwung. Der Wunsch nach einer Erhöhung der Qualität – und damit auch einem besseren Angebot für das Publikum – zeigte sich 1947 auch in der Schaffung eines eigenen Preises: Die Antoinette Perry Awards (kurz: Tonys) waren geboren. Heute zählen insgesamt 41 Bühnen mit Platz für mehr als 500 Zuschauer rund um den Times Square zum Broadway (auch wenn lediglich drei von ihnen tatsächlich an der gleichnamigen Straße liegen), dazu kommen mehr als 60 Off-Broadway-Bühnen sowie zahllose kleinere Säle als Off-Off-Broadway.
Die goldene Ära des Musicals
Cole Porter, George Gershwin, Leonard Bernstein: Die Granden des Broadway geben sich bei unserem Neujahrskonzert – einer rauschenden „Night on Broadway“ – die Ehre. Gleich zu Beginn hören Sie die Ouvertüre aus Anything Goes. Das Musical von Cole Porter (1891–1964) aus dem Jahr 1934 spielt an Bord eines Transatlantikliners auf der Fahrt von New York nach London und ist eine Verwechslungskomödie par excellence unter Ganoven und Adligen. Porter war Zeit seines Lebens eine der schillerndsten Figuren des amerikanischen Musiklebens. Bereits während seines Jura-Studiums in Yale und Harvard hatte er erste Schritte als Komponist gewagt. Nach dem 1. Weltkrieg – er hatte in Frankreich gedient – blieb er in Paris und studierte dort Musik. Schnell wurden seine Songs zu Hits und ein erfolgreiches Musical folgte auf das andere. Mit Mitte 40 erlitt er einen schweren Reitunfall, der die 27 Jahre bis zu seinem Tod überschattete: Nach über 30 Operationen verlor er erst sein Bein, später dann seinen Lebenswillen. Mit Kiss Me, Kate schuf er 1948 einen weiteren Klassiker des Musicals: Als „Theater auf dem Theater“ versucht dort eine durchs Land ziehende Schauspieltruppe Shakespeares Komödie Der Widerspenstigen Zähmung zur Aufführung zu bringen – interne Liebeswirren inbegriffen. Heute Abend hören Sie die beiden Songs „I Hate Men“ und „Why Can’t You Behave“.
Den Komponisten Irving Berlin (1888–1989), Freund, Förderer und Vorbild Cole Porters, kennt man heute vor allem durch seinen Welthit „White Christmas“. Unvergessen sind jedoch auch seine Musicalkompositionen, vor allem Annie Get Your Gun aus dem Jahr 1946. Wieder ist es das Show Business, das hier im Vordergrund steht – diesmal mit der Nummer „There’s No Business Like Show Business“, die auch in der Ouvertüre anklingt. Im Musical geht es um die Jägerin Annie Oakley, die nach dem Sieg bei einem Schießwettbewerb das Angebot erhält, in Buffalo Bills legendärer Wild West Show aufzutreten. Berlin musste schon als Kind nach dem Tod seines Vaters seinen Lebensunterhalt selbst verdienen, riss mit 14 von zuhause aus und versuchte sich als „singender Kellner“. Durch erste selbstgeschriebene Songs wurde er schnell populär. Da er keine Noten lesen konnte, war er darauf angewiesen, dass Andere seine Lieder notierten und arrangierten. Das Klavierspielen hatte er sich selbst beigebracht – jedoch fast ausschließlich auf den schwarzen Tasten. So spielte er zumeist in Fis-Dur. Um auch andere Tonarten erreichen zu können, nutzte er später ein spezielles Klavier, bei dem mittels einer Kurbel auch in andere Tonarten transponiert werden konnte. Er starb im hohen Alter von 101 Jahren an einem Herzinfarkt.
Vom Wilden Westen geht es in das märchenhafte Land Oz: Dorothy aus Kansas gerät im Zuge eines Sturms dorthin und begibt sich auf die Reise zum geheimnisumwitterten Zauberer von Oz, der ihr einen Weg nachhause aufzeigen soll. Begleitet wird sie bei ihrem Abenteuer von drei schon bald gefunden Freunden: einem Blechmann ohne Herz, einer Vogelscheuche ohne Verstand und einem Löwen ohne Mut. Für die Verfilmung des Kinderbuchs The Wizard Of Oz im Jahr 1939 schuf der Komponist Harold Arlen (1905–1986) die Songs. Für die berühmteste Nummer, „Somewhere Over The Rainbow“, wurde er sogar mit dem Oscar ausgezeichnet. Barbra Streisand, die viele seiner Songs aufnahm, sah in ihm einen der besten Komponisten Amerikas – neben ihm:
George Gershwin (1898–1937) schuf mit Porgy and Bess die erste „American Folk Opera“. Das Werk, das 1935 seine Uraufführung feierte, stellt die Einwohner der Catfish Row, einer Straße in Charleston, South Carolina, in den Mittelpunkt. Und genauso heißt auch die Suite, die die berühmtesten Melodien der Oper vereint. Gershwin selbst hatte bis zum Erfolg seiner Oper vor allem als Songwriter und Komponist von Instrumentalwerken mit Jazzcharakter für Furore gesorgt. Genau wie Porgy and Bess, die nach einer Reise nach Charleston entstanden ist und Gershwins Eindrücke widerspiegelt, beruht auch seine Cuban Overture aus dem Jahr 1932 auf eigenen Erfahrungen – in diesem Fall einer Reise nach Havanna.
Aus demselben Jahr stammt auch die „fröhliche Scheidung“ Gay Divorce von Cole Porter. In dem Musical wird eine Scheidung aufgrund eines Ehebruchs anvisiert – nur muss eben dieser zunächst noch kunstvoll in die Wege geleitet werden. Der Song „Night And Day“ hat sich dabei zu einem der größten Jazz-Standards entwickelt, vor allem in der Interpretation von Ella Fitzgerald.
Leonard Bernsteins (1918–1990) bedeutendstes Musiktheaterwerk ist zweifellos die West Side Story. Doch in ihrem Schatten gibt es viele weitere Musicals des Komponisten, die sich vor allem in den USA bis heute ungebrochener Beliebtheit erfreuen. Dazu zählt auch Wonderful Town aus dem Jahr 1953 – nach On The Town (1944) das zweite musikalische Denkmal, das Bernstein seiner Wahlheimat New York setzte. Die Schwestern Eileen und Ruth kommen darin aus Ohio in die Ostküstenmetropole. Doch während Eileen von allen Seiten bewundert wird, fristet Ruth ein Schattendasein. Mit ihrer Erfahrung darin, Männer zu verscheuchen, könnte sie glatt ein Buch schreiben, wie sie in „One Hundred Easy Ways To Lose A Man“ singt.
Mit dem Dessauer Komponisten Kurt Weill (1900–1950) verbindet man zumeist Die Dreigroschenoper, die er gemeinsam mit Bertolt Brecht herausgebracht hat. Nachdem er vor den Nationalsozialisten 1933 nach Frankreich geflohen war, führte ihn seine Emigration schließlich in die USA. Sein musiktheatralisches Geschick wusste er schon bald am Broadway einzusetzen. Bereits kurz nach seiner Ankunft begann er Musicals zu schreiben. Dazu zählt auch Lady In The Dark von 1941, in dem die Psychoanalyse mithilfe von Traumsequenzen thematisiert wurde. Das Symphonic Nocturne ist eine Auskopplung aus diesem Musical.
Von den Bühnen nicht wegzudenken ist My Fair Lady von Frederick Loewe (1901–1988). Das Musical von 1956 basiert auf George Bernard Shaws Schauspiel Pygmalion: Der Phonetik-Professor Henry Higgins nimmt sich der Blumenverkäuferin Eliza Doolittle an, um ihr eine bessere Aussprache beizubringen. Im Laufe des Unterrichts kommen sich der ruppig-unhöfliche Lehrer und seine zunächst völlig unbegabte Schülerin näher. Nachdem sie bei einem Ball das Erlernte präsentiert hat und für eine Adlige gehalten wurde, stimmt Eliza vom Tanz völlig berauscht „I Could Have Danced All Night“ an. Der in Berlin als Sohn eines Wiener Ehepaars geborene Loewe folgte 1942 seinem Vater, einem Operettenbuffo, nach New York. Nach einer kurzlebigen Karriere als Boxer und Nachtclub-Pianist reüssierte er als Musical-Komponist. Gemeinsam mit dem Librettisten Alan Jay Lerner feierte er seine größten Erfolge, wie Brigadoon, Paint Your Wagon oder Camelot.
Der letzte Komponist des Abends ist Richard Rodgers (1902–1979), der vor allem durch seine Zusammenarbeit mit dem Texter Oscar Hammerstein II. zu einem festen Teil des Broadway avancierte. Ihr Musical Carousel (1945) orientiert sich an Ferenc Molnárs Bühnenstück Liliom: Der Fabrikarbeiter Billie begeht nach einem gescheiterten Raubüberfall, mit dem er seine Familie ernähren wollte, Selbstmord, um der Verhaftung zu entgehen. Als er nach Jahren zur Erde zurückkehren kann, bringt er seiner Tochter einen gestohlenen Stern mit – den diese aber nicht von einem Fremden annehmen will. Aus Frust schlägt er das Mädchen. Nur dessen Mutter erkennt, wie alles zusammenhängt. Rodgers wurde vielfach ausgezeichnet. So gewann er drei Oscars, zwei Pulitzer-Preise, fünf Tonys, einen Grammy und einen Emmy für seine Kompositionen. Das Stück „You’ll Never Walk Alone“ aus Carousel ist auch jedem Fußballfan ein Begriff: Seit 1963 ist es die Stadionhymne des FC Liverpool, seit 1989 ist der Titel auch Teil des Vereinswappens.
Gerhard Herfeldt
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